Zur Geschichte des Blindenführhundes
Im Rahmen dieses Artikels kann nur ein kurzer historischer Rückblick auf die Geschichte der Nutzung des Blindenführhundes als Mobilitätshilfe erfolgen.
STORK weist darauf hin, dass schon in der Antike ca. im 1. Jahrhundert n. Chr. bildliche Darstellungen existierten, die einen Blinden in Begleitung eines Hundes darstellen. Für das ausgehende Mittelalter ist ein Holzschnitt belegt, der einen von einem mittelgroßen Hund an der Leine geführten Blinden und einen „Lahmen“ zeigen. STORK betont, dass die Interpretationen dieser Darstellungen allerdings einen schlüssigen Beweis für die Existenz von Blindenführhunden in Antike und Mittelalter nicht zulassen. (vgl. Stork 1988, S. 13 - 19) REHMANN verweist auf wissenschaftliche Untersuchungen von HÄNNESTRAND und spricht von einem deutlichen Hinweis auf die Verwendung eines Hundes als Hilfsmittel für einen Blinden im Westeuropa des 13. Jahrhunderts n. Chr. sowie auf eine chinesische Seidenmalerei aus der Ming-Dynastie (1368 – 1644 n. Chr.) als Quelle für den östlichen Orient. (vgl. Rehmann 2000, S. 2)
Für die Neuzeit gibt es eine Reihe von Abbildungen, die Blinde mit Hunden darstellen, wobei davon ausgegangen werden kann, dass die Betroffenen sich ihre Hunde selbst ausbildeten wie der Österreicher Josef Reisinger (um 1780) und Mitte des 19. Jahrhunderts Jacob Birrer in Zürich (vgl. Rupp 1987, S. 19; Riederle 1991 S. 118 - 119).
Die Idee, Blindenführhunde zielgerichtet durch Sehende ausbilden zu lassen und mit dem Blinden zu schulen, stammt wohl vom Direktor des Wiener k. u. k. Blinden-Erziehungs- Instituts Klein (1819). KLEIN schreibt in seinem Lehrbuch: „Bey einer Anstalt für Blinde können auch Hunde abgerichtet werden, um einzelnen (aus der Anstalt) austretenden Blinden als Führer zu dienen. Hierzu sind die Pudel und die Schäferhunde die tauglichsten. Von dem Halsbande des Hundes geht entweder ein Band oder ein Stab an die linke Hand des Blinden, welcher in der Rechten einen Stock hat. … Das Abrichten des Hundes muss, wenigstens anfänglich, durch einen Sehenden geschehen. …“. (Klein in Deutsche Arbeitsgemeinschaft zur Beschaffung von Führhunden für Blinde (Hrsg.) 1926, S.7)
Die systematische Blindenführhundausbildung begann während des Ersten Weltkrieges im Jahre 1916 durch den „Deutschen Verein für Sanitätshunde“. Von wie viel Skepsis die Anfänge der Blindenführhundausbildung begleitet waren, zeigen folgende Bemerkungen eines zivilblinden Zeitgenossen: „In der Großstadt … ist es schon fraglich, ob der Hund den Blinden sicher über belebte Plätze und Verkehrsadern bringen wird. … Vor allem ist zu fürchten, dass die bei Späterblindeten oft stark vorhandene Neigung zur Unselbständigkeit durch den Führhund noch gefördert wird.“ (o. Angabe des Autors, Der Kriegsblindenhund, in: Die Blindenwelt 4(1916), S. 183) Bis 1922 wurden ausschließlich Kriegsblinde mit einem Führhund versorgt. (vgl. Rehmann 2000, S. 4) Bereits 1930 vertrauten sich von 2160 Zivilblinden immerhin 13% einem Führhund an. 1935 waren in Deutschland 3000 Blindenführhunde im Einsatz. (vgl. Riederle 1991, S. 120)
Beeindruckt von der Arbeit der Blindenführhundschule in Potsdam etablierte die Amerikanerin Dorothy Harrison-Eustis zusammen mit dem ersten amerikanischen Führhundhalter Morris Frank und seiner Deutschen Schäferhündin „Buddy“ die Idee der Ausbildung von Blindenführhunden weltweit.
In den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden unter anderem Blindenführhund- schulen in den USA und Großbritannien.
In Deutschland entwickelten Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts am Institut für Umweltforschung in Hamburg der Umweltpsychologe Jacob von Uexküll und sein Assistent Emanuel Georg Sarris eine wissenschaftliche Ausbildungsmethode für die Führhundausbildung. VON UEXKÜLL schreibt zum neuen Ansatz in der Blindenführhundausbildung: „SARRIS hat die Forderung aufgestellt, die Führhundausbildung auf eine ganz neue Basis zu stellen und an Stelle der Dressur die Erfahrung zu setzen. … Er (Sarris) will den Hund zu einem zwar im Interesse des Blinden handelnden aber durchaus selbständigen Wesen erziehen, das den Umbau seiner Welt sich selbst verdankt und nicht dem Stock des Dresseurs. Nur wenn er ohne fremden Zwang die neuen Hindernisse und Hemmnisse in seine Umwelt selbst geschaffen hat, wird er frei von jeder Abhängigkeit seinem blinden Herrn ebenso dienen wie seinem sehenden Lehrmeister.“ (von Uexküll 1933, S. 51–52)
Im von Sarris und von Uexküll konstruierten so genannten „Uexküll-Ausbildungswagen“, auch „Phantom“ oder „künstlicher Mensch“ genannt, lernt der Hund durch eigene Erfahrung selbständig zu führen, seinen Erlebnisraum dem des Menschen anzupassen und Seiten-, Höhen- und Bodenhindernisse im nötigen Abstand zu umgehen. Heinz Brüll hat die Methode in den 40-er und 50-er Jahren weiterentwickelt. Sie wird bis heute von Blindenführhundtrainern in Thüringen erfolgreich eingesetzt.
War der Blindenführhund in Deutschland bereits in den 70-er Jahren als Rehabilitations- Hilfsmittel eingestuft, ist er nach einer kurzen Unterbrechung seit 1981 als einziges „lebendiges Hilfsmittel“ auf Rezept erhältlich. (vgl. Rehmann 2000, S. 6) Seit 1993 wird der Blindenführhund im Hilfsmittelverzeichnis der deutschen Krankenkassen geführt. Die Richtlinien für das Training, die Schulung und die Nachbetreuung der Führhunde und Führhundgespanne sind durch die „Qualitätskriterien zur Auswahl, Ausbildung und Kostenübernahme für Blindenführhunde“, Bundesanzeiger v. 29. Juni 1993, geregelt.
Beeindruckt von der Arbeit der Blindenführhundschule in Potsdam etablierte die Amerikanerin Dorothy Harrison-Eustis zusammen mit dem ersten amerikanischen Führhundhalter Morris Frank und seiner Deutschen Schäferhündin „Buddy“ die Idee der Ausbildung von Blindenführhunden weltweit.
In den 30-er Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden unter anderem Blindenführhund- schulen in den USA und Großbritannien.
In Deutschland entwickelten Anfang der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts am Institut für Umweltforschung in Hamburg der Umweltpsychologe Jacob von Uexküll und sein Assistent Emanuel Georg Sarris eine wissenschaftliche Ausbildungsmethode für die Führhundausbildung. VON UEXKÜLL schreibt zum neuen Ansatz in der Blindenführhundausbildung: „SARRIS hat die Forderung aufgestellt, die Führhundausbildung auf eine ganz neue Basis zu stellen und an Stelle der Dressur die Erfahrung zu setzen. … Er (Sarris) will den Hund zu einem zwar im Interesse des Blinden handelnden aber durchaus selbständigen Wesen erziehen, das den Umbau seiner Welt sich selbst verdankt und nicht dem Stock des Dresseurs. Nur wenn er ohne fremden Zwang die neuen Hindernisse und Hemmnisse in seine Umwelt selbst geschaffen hat, wird er frei von jeder Abhängigkeit seinem blinden Herrn ebenso dienen wie seinem sehenden Lehrmeister.“ (von Uexküll 1933, S. 51–52)
Im von Sarris und von Uexküll konstruierten so genannten „Uexküll-Ausbildungswagen“, auch „Phantom“ oder „künstlicher Mensch“ genannt, lernt der Hund durch eigene Erfahrung selbständig zu führen, seinen Erlebnisraum dem des Menschen anzupassen und Seiten-, Höhen- und Bodenhindernisse im nötigen Abstand zu umgehen. Heinz Brüll hat die Methode in den 40-er und 50-er Jahren weiterentwickelt. Sie wird bis heute von Blindenführhundtrainern in Thüringen erfolgreich eingesetzt.
War der Blindenführhund in Deutschland bereits in den 70-er Jahren als Rehabilitations- Hilfsmittel eingestuft, ist er nach einer kurzen Unterbrechung seit 1981 als einziges „lebendiges Hilfsmittel“ auf Rezept erhältlich. (vgl. Rehmann 2000, S. 6) Seit 1993 wird der Blindenführhund im Hilfsmittelverzeichnis der deutschen Krankenkassen geführt. Die Richtlinien für das Training, die Schulung und die Nachbetreuung der Führhunde und Führhundgespanne sind durch die „Qualitätskriterien zur Auswahl, Ausbildung und Kostenübernahme für Blindenführhunde“, Bundesanzeiger v. 29. Juni 1993, geregelt.